Gentrifizierung – Sozialverträgliche Stadtteilentwicklung
Unter Gentrifizierung wird die Aufwertung von Stadtteilen/Wohnquartieren bei gleichzeitiger Verdrängung der ansässigen Bevölkerung verstanden. Steigende Mieten und Kaufpreise sowie Verdrängung von Bewohnern und lokalen Betrieben sind die Folge. Alle prosperierenden Metropolen in Deutschland und auch weltweit sehen sich vor solche und ähnliche Probleme gestellt.
Gentrifizierung ist demnach auch das Ergebnis steigender Wertschätzung der Kernstädte in wirtschaftlich prosperierenden Räumen. Dass diese Kernstädte Einwohnerwachstum verzeichnen, ist aus Sicht der Stadtentwicklung und der Ökologie grundsätzlich positiv zu bewerten, weil dadurch kompakte Städte mit kurzen Wegen unterstützt werden.
Gentrifizierungsprozesse haben in Frankfurt am Main seit den 1970er Jahren stattgefunden. Derzeit gibt es Hinweise, dass in einigen Quartieren eine zweite Welle läuft. Insbesondere in innenstadtnahen Gebieten herrscht ein hoher Aufwertungsdruck. Der anhaltende Zuzug von Bewohnern, der angespannte Wohnungsmarkt, die steigenden Mieten (insbesondere in den innenstadtnahen Stadteilen) und hohe Immobilienpreise (starke Preis- und Umsatzsteigerungen im Wohnungseigentumsmarkt) sowie die Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen, haben Ängste bei vielen Menschen ausgelöst. Sie fürchten um ihre Wohnung und die vertraute Nachbarschaft.
Stadtentwicklung im Gleichgewicht
Die Auseinandersetzung mit Gentrifizierung darf jedoch nicht den Blick auf solche Gebiete verstellen, die auf der entgegengesetzten Seite der Entwicklung stehen und sich zu Gebieten entwickeln, deren Problemlagen einen besonderen Handlungsbedarf hervorrufen. Denn gleichzeitig ist es auch Aufgabe der Stadtplanung, Quartiere, die einen deutlichen Erneuerungsbedarf aufweisen, zu stabilisieren. Vor allem im Rahmen der Städtebauförderung sind Aufwertungsprozesse in diesen Quartieren erwünscht bzw. erforderlich und werden gefördert.
Bereits Ende 2011 hat das Stadtplanungsamt eine Fachtagung zum Thema Gentrifizierung durchgeführt. Ziel der Tagung war es, Voraussetzungen, Prozesse und Folgen von Gentrifizierung sowie aktuelle Strategien und Instrumente zur Steuerung aufzuzeigen. Gleichzeitig konnten damit aktuelle Forschungsstände, Erfahrungen aus anderen Städten und Sichtweisen aus anderen Blickwinkeln referiert und nachgefragt werden. Dazu wurden Referenten aus dem Bereich der Wirtschaft sowie der Planungsverwaltungen aus den Städten Nürnberg, Hamburg, Berlin und München zu einem Erfahrungsaustausch eingeladen. Außerdem haben Vertreter der Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung, der städtischen Ämter, Vertreter der Wohnungswirtschaft, von Verbänden und von Initiativen an der Fachtagung teilgenommen.
Strategie auf zwei Ebenen
Die Veranstaltung hat gezeigt, dass es gegen die negativen Folgen von Aufwertungs- und Gentrifizierungsprozessen keine Patentrezepte gibt. Wichtig ist, die Ursachen und Abläufe dieser Prozesse genauer kennen und verstehen zu lernen, beispielsweise wann erwünschte Aufwertung in nicht erwünschte Verdrängung umschlägt. Nur so können wirksame Steuerungsinstrumente entwickelt und Fehler vermieden werden.
Eine Strategie zum erfolgreichen Umgang mit Gentrifizierungsprozessen sollte in jedem Fall auf zwei Ebenen ansetzen: Einerseits sollte sie in den betroffenen Bestandquartieren ein Bündel von Maßnahmen ergreifen, wie beispielsweise der Erlass einer Milieuschutzsatzung oder die Ausübung von Vorkaufsrechten der Kommune. Andererseits hat sie dafür zu sorgen, dass in einer wachsenden Stadt für neue Einwohner und gestiegene Wohnflächenbedarfe zusätzliche Wohngebiete entwickelt sowie neue Wohnungen einschließlich Sozialwohnungen gebaut werden.
Weiterführende Informationen
Zu der Veranstaltung ist eine Dokumentation erschienen, mit den Vorträgen der Referenten sowie der vor Ort beantworteten Fragen. Sie dient als Grundlage für die weitere Arbeit innerhalb der Verwaltung und in den politischen Gremien sowie mit Bürgerinnen und Bürgern und Initiativen.
Um in Quartieren unerwünschten Veränderungsdruck durch übermäßige Aufwertungsprozesse zu dämpfen, hat der Magistrat Milieuschutzsatzungen aufgestellt.
Erhaltungssatzungen nach § 172 (1) Satz 1 Nr. 2 BauGB zum Schutz der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung sind darauf ausgerichtet, eine Verschärfung der Verdrängung und eine weitere soziale Entmischung in bestimmten Gebieten zu verhindern. Neben den individuellen Folgen für die betroffenen Bevölkerungsgruppen sind für die Stadt auch nachteilige städtebauliche Folgen zu erwarten.
Diese städtebauliche Satzungen zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung nach § 172 (1) Nr. 2 BauGB können im Internet über das das Planungsauskunftssystem planAS eingesehen werden.
Weitere Informationen zum Thema Milieuschutz finden Sie auf den Internetseiten der Bauaufsicht Frankfurt sowie des Amtes für Wohnungswesen (Stabsstelle Mieterschutz).